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Wie bei jeder neuen Technologie muss man sich auch bei der Gentechnik fragen, wie sie sich auf Mensch und Umwelt auswirkt. Dies ist umso wichtiger, als einmal in die Umwelt gelangte gentechnisch veränderte Pflanzen nicht wieder rückholbar sind und sie sich dort mit anderen Pflanzen kreuzen können. Nach dem Vorsorgeprinzip sind deshalb auch diejenigen Risiken zu berücksichtigen, die sich noch nicht 100-prozentig nachweisen lassen. Es gilt Schäden zu vermeiden, bevor sie eintreten. Denn unerwünschte Folgen einer Technologie lassen sich nach aller Erfahrung nur sehr schwer rückgängig machen - wenn überhaupt.
Was geschah wann? Verunreinigungsfälle mit illegalen Gentechnik-Sorten
Tatsächlich beginnt die Forschung erst nach und nach zu verstehen, wie sich fremde Gene, die in das Genom einer Pflanze oder eines Tieres eingefügt werden, im Einzelnen auswirken. Verschiedene Umweltbedingungen spielen dabei ebenso eine Rolle wie das Zusammenspiel der Gene untereinander. Auch die Folgen für die sogenannten „Nichtzielorganismen“ wie Schmetterlinge und Käfer sind noch nicht umfassend geklärt. Mit dem großflächigen Anbau von Pflanzen, die gegen bestimmte Ackergifte widerstandsfähig sind (herbizidresistente Pflanzen), werden in Anbauländern wie den USA bereits folgende Umweltprobleme deutlich:
Resistente Unkräuter
Auf Feldern, die jahrelang mit ein und demselben Unkrautvernichtungsmittel wie Glyphosat gespritzt wurden, sind die Unkräuter dagegen resistent geworden. Das eingesetzte Gift wirkt damit nicht mehr. Landwirt*innen versuchen dann, entweder mit größeren Mengen des gleichen Gifts oder mit neuen Unkrautgiften der ungewollten Wildkräuter Herr zu werden. Studien zeigen: Werden herbizidresistente Pflanzen angebaut, ist der Spritzmittelaufwand zwar am Anfang geringer, mit den Jahren nimmt er aber wieder zu. Welche Unkräuter bereits gegen welche Spritzmittel resistent sind, dokumentiert die amerikanische Gesellschaft „Weed Science Society of America“ in einer öffentlich zugänglichen Datenbank. 2018 sind weltweit 40 Arten allein gegen den Wirkstoff Glyphosat als resistent gemeldet, die meisten davon in den USA.
Gefährdung der biologischen Vielfalt
Zahlreiche wissenschaftliche Studien zeigen, die biologische Vielfalt nimmt ab, wenn herbizid-resistente Pflanzen angebaut werden. Schmetterlinge und andere Insekten finden weniger Wild- und Blütenpflanzen an den Rändern von Feldern mit Gentechnik-Pflanzen, die mit Herbiziden besprüht werden. Das belegt unter anderem die groß angelegte britische Studie „Farm Scale Evaluations (2000–2002)“, die die Auswirkungen von herbizidresistenten Gentechnikpflanzen auf die Vielfalt von Pflanzen und Tieren auf dem Acker und in der unmittelbaren Umgebung untersucht hat.
Negative Wirkungen von Glyphosat auf Bodenfruchtbarkeit und Pflanzengesundheit
Glyphosat ist das Unkrautvernichtungsmittel, welches weltweit am meisten verkauft und bei herbizidresistenten Pflanzen am häufigsten ausgebracht wird. Glyphosat zählt zu den sogenannten Totalherbiziden. Das sind Gifte, die jede Pflanze töten außer der, die gentechnisch so verändert ist, dass ihr dieser spezielle Wirkstoff nichts anhaben kann. Es schädigt wichtige Bodenorganismen, behindert die Aufnahme von Mineralstoffen durch die Wurzeln und macht Pflanzen anfälliger für Krankheiten. Das Gift findet sich in Oberflächen- und Grundwasser und wird langsamer abgebaut als der Entwickler, der amerikanische Saatgutgigant Monsanto angab. Monsanto wurde 2018 vom deutschen Chemiekonzern Bayer gekauft, der damit weltgrößter Hersteller des glyphosatbasierten Unkrautvernichters "Roundup" wurde.
Studie: Auswirkungen von Glyphosat auf die Biodiversität (Bundesamt für Naturschutz (BfN), 2018)
Verunreinigungen
Dass gentechnikfreies Saatgut und Felder mit gentechnikfreiem Anbau durch manipulierte Gene aus der Umgebung verunreinigt werden, ist praktisch nicht zu vermeiden. Der Wind trägt gentechnisch veränderte Pollen oft kilometerweit, auch Rapssamen werden leicht verbreitet. Schließlich kann gentechnisch verändertes Saatgut über Erntegeräte oder Transport- und Lagerbehältnisse in konventionelle Saatgutbestände, auf Äcker oder in die Landschaft gelangen. Immer wieder werden Fälle bekannt, wo solche Verunreinigungen, auch Kontaminationen genannt, auftraten.
Bt-Pflanzen
Die gentechnisch veränderten Bt-Pflanzen, die ihr eigenes Insektengift produzieren, können ebenfalls eine Gefahr für die Umwelt darstellen. Die Abkürzung Bt steht für ein Bakterium mit dem Namen Bacillus thuringiensis. Werden einer Pflanze Gene dieses Bakteriums eingepflanzt, kann sie selbst ein Insektengift produzieren:
Einsatz von mehreren Giften
Die Gentechnikindustrie setzt immer mehr auf Pflanzen mit sogenannten „Stacked Events“. Die Pflanzen tragen, „gestapelte“ gentechnische Veränderungen in sich. Sie können gleich mehrere Unkrautvernichtungsmittel tolerieren und/ oder ein oder mehrere Bt-Gifte herstellen.
Insgesamt werden Gentech-Pflanzen fast ausschließlich in der industriellen Landwirtschaft eingesetzt. Diese setzt auf Monokulturen. Schädlinge werden durch einen möglichst flächendeckenden Einsatz von Insektenvernichtungsmitteln bekämpft. Eine nachhaltige Landwirtschaft, die Schädlinge punktuell und insbesondere durch wechselnde Fruchtfolgen bekämpft, benötigt keine Agro-Gentechnik.
Charles Benbrook von der Universität Washington State analysierte den Verbrauch von Unkrautvernichtungsmitteln seit 1996, dem Jahr der Einführung von Gentechnik-Pflanzen. Der Anbau von glyphosatresistenten Pflanzen hat zu einem deutlichen Anstieg der Herbizidmenge um 239 Millionen Kilogramm zwischen 1996 und 2011 geführt.
Eine weitere Studie Benbrooks bestätigt die Entwicklung: Benbrook (2016): Trends in glyphosate herbicide use in the United States and globally
Transgene Pflanzen bergen nicht nur Gefahren für die Umwelt, sondern auch für die menschliche Gesundheit. Risikoreich sind zum einen die Gene und Stoffe selbst, die in den gentechnisch veränderten Pflanzen enthalten sind. So werden bei der Herstellung transgener Pflanzen vielfach Antibiotikaresistenzgene als sogenannte Markergene eingesetzt. Das Problem: In der Umwelt können sich die Resistenzgene mit Bakterienstämmen verbinden. Bei diesen wirken bestimmte Antibiotika dann nicht mehr. Damit helfen diese Antibiotika auch kranken Menschen und Tieren nicht mehr, die von diesen Bakterien befallen sind.
Gv-Pflanzen können ferner Stoffe enthalten, die Allergien auslösen können. Ihre Wirkung auf das Immunsystem ist noch nicht vollständig erforscht. Doch es gibt zahlreiche Hinweise darauf, dass zusätzliche Eiweiße allergische Reaktionen verstärken können.
Herbizidresistente Pflanzen gefährden nicht zuletzt indirekt, weil sie mit bestimmten Unkrautvernichtungsmitteln besprüht werden, meistens "Roundup" mit dem Wirkstoff Glyphosat. Unabhängige wissenschaftliche Studien zeigen, dass Glyphosat und seine Abbauprodukte der Gesundheit von Menschen und Tieren schaden können. Die Krebsforschungsagentur IARC der Weltgesundheitsorganisation WHO stufte den Wirkstoff im März 2015 als wahrscheinlich krebserregend beim Menschen ein. Das massenhaft versprühte Spritzmittel ist darüber hinaus wegen seiner giftigen Zusatzstoffe, der sogenannten POE-Tallowamine, immer wieder in der Diskussion. Diese Zusatzstoffe sorgen dafür, dass Glyphosat noch giftiger wird und es noch einfacher in die Nahrungskette gelangt.
Infodienst-Dossier: Gentechnik und Glyphosat ("Roundup")
Zuletzt aktualisiert: Juli 2019