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Gentechnisch veränderte Pflanzen werden in der Regel in der freien Natur angebaut und kreuzen aus. Die veränderten Gene gelangen in das Erbgut herkömmlicher Nutzpflanzen oder Wildkräuter und verunreinigen sie. Sie gelten dann ebenso als gentechnisch verändert. Ihre gentechnisch veränderten Pollen werden durch Bienen und Wind oft kilometerweit und über Grenzen hinweg verbreitet. Nicht gentechnisch verändertes Saatgut verunreinigt auch durch Erntemaschinen, beim Transport oder bei der Lagerung, wenn es sich mit gentechnisch verändertem Saatgut mischt. So kommt es, dass auch gentechnikfrei wirtschaftende Landwirte transgene Pflanzen auf ihren Äckern haben. Finden sich gentechnische Veränderungen in konventionellem oder Bio-Saatgut spricht man von gentechnischen Verunreinigungen oder auch von Kontaminationen.
Gentechnische Verunreinigungen lassen sich nicht vermeiden. Ein Mit- oder Nebeneinander (Koexistenz) von gentechnisch veränderten und unveränderten Pflanzen ist daher letztlich unmöglich. Die Politik versucht dem Problem mit Abstandsregelungen und Grenzwerten Herr zu werden. So darf ein(e) Landwirt *in in Deutschland gentechnisch veränderten Mais (derzeit verboten) nur mit einem Abstand von 150 Metern zu konventionell bewirtschafteten Feldern anbauen. Zu ökologisch bewirtschafteten Flächen muss die Entfernung 300 Meter betragen. Doch auch das reicht meist nicht aus, um Kontaminationen zu vermeiden.
Verunreinigtes Saatgut wird jedoch nicht immer als gentechnisch verändert gewertet. Die EU hat gesetzlich festgelegt, dass Verunreinigungen von unter 0,9 Prozent hinzunehmen sind, wenn sie zufällig und technisch unvermeidbar sind. Eine eindeutige Definition was “technisch unvermeidbar” und “zufällig” bedeutet, liefert die EU-Verordnung nicht. Liegt die Kontamination über dem Schwellenwert von 0,9 Prozent, muss das Produkt als gentechnisch verändert gekennzeichnet werden. Für gentechnisch veränderte Organismen (GVO), die in der EU nicht zugelassen sind gilt die sogenannte Nulltoleranz. Das heißt, Saatgut oder Lebensmittel müssen vernichtet werden, wenn ein nicht zugelassenes GVO nachgewiesen wird. Für Futtermittel hat die EU die Nulltoleranz im Februar 2011 aufgeweicht. Seither dürfen Futtermittel auch dann verwendet werden, wenn sie bis zu 0,1 Prozent nicht zugelassene GVO enthalten. Für Saatgut und Lebensmittel gilt für nicht zugelassene gentechnisch veränderte Organismen weiterhin die Nulltoleranz.
Kontaminationen passieren immer wieder und überall: 2006 mussten ganze Reis-Chargen zurückgenommen werden, die in den USA angebaut und unter anderem nach Japan und in die EU exportiert worden sind. Sie waren mit dem nicht zugelassenen und nur zu Testzwecken angebauten Liberty Link-Reis LL601 verunreinigt.
Im September 2009 entdeckten Lebensmittelkontrolleur*innen in Baden-Württemberg Spuren einer nicht zugelassenen, gentechnisch veränderten Leinsaat in zahlreichen Proben. Der Leinsamen mit dem Handelsnamen „CDC Triffid“ war bis 2001 nicht mehr in Kanada angebaut worden. Trotzdem fanden die Prüfer*innen die Verunreinigungen in dem aus Kanada importierten Leinsamen.
Im März 2017 wurde in den USA die Maissorte Enogen, eine für die Ethanol-Herstellung gentechnisch veränderte Sorte der Firma Syngenta, in Speisemais nachgewiesen. Getreide- und Saatguthändler*innen konnten das hochwertige Getreide nur noch unter Verlust an Ethanolhersteller*innen oder als Futtergetreide verkaufen.
Generell gilt: Je mehr gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden, umso größer das Risiko, dass nicht gentechnisch veränderte Pflanzen verunreinigt werden. Imker*innen sind in ihrer Arbeit besonders gefährdet, weil sich Bienen beim Sammeln der Pollen nicht an Abstandsbestimmungen halten. Seit 2014 gilt Pollen als „natürlicher Bestandteil“ von Honig. Ein Honig muss also dann gekennzeichnet werden, wenn der Anteil des gentechnisch verunreinigten Pollens mehr als 0,9 Prozent ausmacht. Dies gilt aber nur für Verunreinigung durch Gentechnik-Pflanzen, die eine Zulassung als Lebensmittel haben. Stammen die Pollen von Pflanzen, die keine Lebensmittelzulassung besitzen, gilt auch bei diesem Lebensmittel die Nulltoleranz. Dann dürfte der Honig nicht verkauft werden. Da Pollen am Gesamtvolumen von Honig jedoch nie mehr als 0,9 Prozent ausmacht, wird auf Gentechnik-Honig nie eine Kennzeichnung zu finden sein. Das ist vor allem bei Importhonigen entscheidend, zum Beispiel bei kanadischem Rapshonig, da dort kaum noch gentechnikfreier Raps angebaut wird und der Honig regelmäßig GVO-Rapspollen enthält.
Landwirt*innen, die gentechnikfrei wirtschaften möchten, entstehen hohe Kosten. Sie müssen darauf achten, dass ihr Saatgut und ihre Produkte sorgsam von gentechnisch veränderten Pflanzen getrennt werden. Die Überwachung, Tests und Kennzeichnungen kosten ebenfalls Geld. Das muss in der Regel von den gentechnikfrei wirtschaftenden Bäuer*innen oder dem Lebensmittelhandel aufgebracht werden. Die Folgen sind höhere Lebensmittelpreise. Die EU gibt an, dass sich Lebensmittel dadurch um rund 13 Prozent verteuern. Umweltorganisationen wie Friends of the Earth gehen von wesentlich höheren Mehrkosten aus
Stellt man bei den Tests Verunreinigungen fest, kann es für die Landwirt*innen sogar noch teurer werden: Zwar haften im Schadensfall diejenigen, die gentechnisch veränderte Pflanzen im Umfeld der ohne Gentechnik arbeitenden Landwirt*innen angebaut haben, aber erst, wenn der Schwellenwert von 0,9 Prozent überschritten wurde. Ökologisch wirtschaftenden Landwirt*innen nutzt das wenig. Sie dürfen ihre Waren nur als Bioprodukte verkaufen, wenn sie komplett gentechnikfrei sind. Den Einkommens- und Imageverlust den sie erleiden, wenn sie ihre Produkte als konventionelle Ware vermarkten müssen, zahlt ihnen niemand. Im schlimmsten Fall können Ökobäuer*innen sogar ihre Zertifizierung verlieren.